Igiaba Scego

Kassandra in Mogadischu

Ein eindrücklicher Text! Igiaba Scego erzählt in der Form eines Briefes, den sie ihrer Nichte schreibt und in dem sie vom Leben ihrer Eltern und von ihrem eigenen Leben erzählt. Denn die Erinnerung ist das einzige Mittel, um zu heilen, um vorwärtszugehen, um den Schmerz zu dämpfen. So erzählt sie mäandrierend und ausholend und immer wieder Bögen in die Gegenwart schlagend von der Kindheit ihrer Mutter, den Kriegen in Somalia, den politischen Würden ihres Vaters, den verschlungenen Wegen ihrer grossen Familie, die verstreut über die ganze Welt lebt. Auch dazu braucht es die Erinnerung, um die Familie wieder zu einen. Und um über die koloniale Vergangenheit Italiens zu sprechen, was bisher nur in sehr geringem Ausmass geschehen ist. 

Es ist auch ein Buch über Sprachen. Über unzählige Sprachen, in denen Scego gelebt hat und lebt – Somali als Familiensprache, Chimini als Vatersprache, Italienisch als Sprache der Kolonisatoren, aber auch der Sprache, die den Graben zwischen Grossmutter und Enkelin aufzufüllen vermag, und Englisch als verkümmerte Militärsprache. Der Text ist auch eine Hommage an Vielsprachigkeit und viele Arten von Heimat, die Sprachen einem geben können.

Ein spannendes, berührendes, anregendes, mitreissendes Leseerlebnis! cn

Klappentext:

In Italien zählt Igiaba Scego schon lange zu den wichtigsten Stimmen des Landes. Nun legt sie einen grossen autofiktionalen Familienroman vor, geschrieben in einer aufregenden Form: als Brief einer Autorin an ihre Nichte im fernen Kanada.

Scego erzählt von Brüdern und Schwestern, von Mogadischu und Italien, von einem Silvesterabend 1990 in Rom: Ein Mädchen macht sich gerade fertig für eine Party, als im Fernsehen verkündet wird, dass in Somalia ein Bürgerkrieg ausgebrochen ist. Das Mädchen geht auf die Party, aber wird sich den Rest seines Lebens daran erinnern, wie in diesem Moment der Jirro, die Krankheit der Diaspora, in seinen Körper eingezogen ist. Ein Zustand, der dazu führt, dass die Familie eine Generation nach Kriegsbeginn so in die Welt zerstreut ist, dass Verwandte oft nicht einmal mehr eine gemeinsame Sprache haben. Am Telefon, in Briefen und Gesprächen trotzt die Tante der Sprachlosigkeit. Faden um Faden verwebt sie Welt- und Familiengeschichte, Schrecken und Liebe zu einer grossen Erzählung der Hoffnung.

Über die Autorin / über den Autor:

Igiaba Scego wurde 1974 in Rom geboren und stammt aus einer somalischen Familie. Die Literatur und das Lesen bezeichnet sie selbst als ihren Rettungsanker: "In Büchern habe ich meine Geschichte, mich selbst und vor allem Afrika gefunden." Scego studierte Literatur und Pädagogik, heute schreibt die Autorin mehrerer Romane und Erzählungen auch für Zeitungen und Zeitschriften wie L'Unità und Internazionale und ist Herausgeberin mehrerer Anthologien. Kassandra in Mogadischu ist ihr erster Roman bei S. Fischer.

Verena von Koskull übersetzt Literatur aus dem Italienischen und dem Englischen. 2020 wurde sie mit dem Deutsch-Italienischen Übersetzerpreis ausgezeichnet. Sie lebt zwischen Brandenburg und Rom.

Preis: CHF 35.50
Sprache: Deutsch (aus dem Italienischen von Verena von Koskull)
Art: Gebundenes Buch
Erschienen: 2024 (2023)
Verlag: Fischer
ISBN: 978-3-10-397619-9
Masse: 412 S.

zurück